balladada
ein sprachmusikalischer klang- und sinnreigen

peter schweiger, sprechstimme/spielzeug
petra ronner, klavier/stimme/spielzeug/elektronik

"der sprachlaut ist eine menschliche wirklichkeit. er ist der ureigenste ausdruck des menschen. der unmittelbarste."
unter diesem motto zieht eine karawane von lautgedichten, rezitativen und reden vorüber. hugo balls romanfigur tenderenda, der protagonist einer magisch-anarchischen, einer gesetzlosen und darum verzauberten welt, gibt die richtung vor. seine abenteuer rufen musiken und texte der romantik und des zwanzigsten jahrhunderts auf den plan, denen eines gemeinsam ist: sie wollen zuallererst klang sein und fordern dazu die geltenden regeln heraus. herzzerreissende harmonien, bedeutsames gestammel und melodiöse manifeste zetern lautstark gegen starre und krieg.


       Foto © Katalin Déer

Autoren und Komponisten in der Reihenfolge ihrer Auftritte in der Karawan
Hans Arp (1887-1966)
Hugo Ball (1886-1927)
August Stramm (1874-1915)
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Raoul Hausmann(1886-1971)
Alvin Lucier (1931)
Otto Nebel (1892-1973)
Petra Ronner (1963)
Gerhard Rühm (1931)
Erik Satie (1866-1925)
Paul Scheerbart (1863-1915)
Arnold Schönberg (1874-1951)
Franz Schubert (1797-1828)
Kurt Schwitters (1887-1948)
Walter Serner (1889-1942)
August Stramm (1874-1915)
Tristan Tzara (1896-1963)

das programm 'balladada' ist eine weiterentwicklung von 'karawane, die treppe hinuntersteigend'
von 2011 und der CD produktion 'balladada', die 2013 im vexer verlag st. gallen erschienen ist.
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zur klanglichen interpretation dadaistischer texte

hans arp schrieb in einem manifest: ‚ich will keine worte, die andere erfunden haben. warum kann der baum nicht plupusch heissen, und pluplubasch, wenn es geregnet hat?’ wenn man die beiden wörter laut ausspricht, ist in ‚plupusch’, wenn man es hören will, doch auch ein busch versteckt oder ein rauschen in den blättern, und ganz sicher erahnt man, wie nass das gebilde aus buchstaben in ‚pluplubasch’ geworden ist. natürlich braucht es fantasie, aufmerksamkeit und spielfreude dazu, etwas herauszufinden, das einer solchen vorgabe einen neuen sinn gibt oder eine möglichkeit eröffnet, sich in einer vorsprachlichen, also träumerischen, chaotischen realität voranzutasten. das gelingt bei einigen ‚lautgedichten’ leichter, bei anderen fast gar nicht – reizt dann allerdings die interpretationsmöglichkeiten besonders weit aus. wenn hugo ball sein ‚jolifanto bambla ô falli bambla’, das er im ‚bischofskostüm aus glanzpapier...mit ragendem, blau-weiss gestreifeltem schamanenhut’ im cabaret voltaire vortrug, später einmal ‚karawane’ oder sogar ‚elefantenkarawane’ betitelte, so legt er eine fährte aus: das gedicht könnte eine lautmalerische darstellung eines marsches in der wüste sein, von dem stimmen und geräusche durch einen wind aus unterschiedlichsten entfernungen an unser ohr gelangen. nicht unmittelbar verständlich im sprachlichen sinne, aber voller aktivitäten, rhythmen und atmosphärischen farben. wenn derselbe autor jedoch ein weiteres lautgedicht mit ‚katzen und pfauen’ übertitelt, dann hilft in der klanglichen interpretation der wörterfolge ‘baubo sbugi ninga gloffa’ vielleicht nur weiter, dass er in seinem roman ‘tenderenda der phantast’ die beiden tiere als mystisch, hochmütig und verschwiegen apostrophiert. und damit einen hallraum für das geheimnisvolle, das einander wortlos zugeneigte, das besondere im zusammensein der so verschiedenen (tier?)körper öffnet.
peter schweiger