MELODRAM

Die Verbindung des gesprochenen Wortes mit instrumentaler oder orchestraler Musik ist eine
Erfindung des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Es heisst, Jean Jacques Rousseau habe das so-
genannte Melodram erfunden. Georg Benda, ein Zeitgenosse Mozarts, schrieb die ersten mit
einer durchgehenden Handlung bedachten Melodramen für die Bühne. Eine eigentliche Blüte
erreichte das Genre in der Romantik, wo es zum Beispiel in den von Liszt vertonten Balladen
vor allem für die Schilderung geisterhafter Ereignisse Verwendung fand.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat Arnold Schönberg die melodramatische Technik
auf bedeutsame Weise genutzt und erweitert. Damit war ein Weg vorgezeichnet, der die Ver-
wendung der Stimme als reine Klangquelle oder den Einbezug von artikularischem Gestammel
in die Komposition zur Selbstverständlichkeit werden liess.
Gleichzeitig entdeckten die Autoren den Reichtum der gesprochenen Sprache und übertrugen
ihr neue Aufgaben im Bereich der Lautgedichte, Sprechgesänge und abstrakten Vokalkompo-
sitionen.
Schliesslich hat die zeitgenössische Kunst die Grenze zwischen Musik und Sprache gänzlich
aufgebrochen und bringt Werke hervor, in der die Strukturen und Gesetze der Musik auf die
Sprache, jene der Sprache auf die Musik übertragen werden, was zu ebenso überraschenden
wie innovativen Ergebnissen führt. Dabei reicht die Palette der Ausdrucksmöglichkeiten vom
harmlos Heiteren bis zum existentiell Dramatischen, wird der Witz der Verbindung von Stimme
und Instrument ebenso thematisiert wie deren ästhetische Gebrochenheit für die Inhalte der
Kunstwerke fruchtbar gemacht.                      (Abdruck mit Angabe der Quelle erlaubt)